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Betreuung von Angehörigen: Über Grenzverletzungen reden

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Erkennen. Reden. Handeln. Gemeinsam gegen Grenzverletzungen in Betreuungs- und Pflegesituationen
Jährlich werden schweizweit rund 20'000 Fälle von Gewalt im häuslichen Kontext erfasst. Die Dunkelziffer dabei ist riesig: Schätzungsweise wenden sich nur 10-22 Prozent der Betroffenen an die Polizei. Besonders Menschen über 60 sind dabei unterrepräsentiert. Ältere Menschen sind aus verschiedenen Gründen oftmals besonders zurückhaltend, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen oder Grenzverletzungen zu melden. Expertenschätzungen zufolge sind in der Schweiz jährlich 300’000-500'000 Personen über 60 von Gewalt betroffen.

Unterstützung zu Hause – eine wachsende Herausforderung
Mit der alternden Gesellschaft steigt die Zahl der Menschen, die entweder selbst Pflege benötigen oder Angehörige betreuen. Diese meist unbezahlte Arbeit ist ein wertvoller Beitrag der Gesellschaft. Oft verläuft sie ohne Zwischenfälle und basiert auf gegenseitigem Respekt und Wertschätzung.

Betreuungs- und Pflegesituationen sind jedoch anspruchsvoll und kräftezehrend. Diverse Faktoren können die involvierten Personen an ihre Grenzen bringen: Emotionale Belastung, körperliche Erschöpfung, Wesensveränderungen der gepflegten Person oder eine angespannte Vorgeschichte erhöhen das Risiko von Grenzverletzungen oder Misshandlung. Dabei können Übergriffe in Betreuungs- und Pflegesituationen in unterschiedlichen Formen auftreten: Psychische, körperliche und wirtschaftliche Misshandlung sind genauso grenzverletzend wie Vernachlässigung oder die Unterlassung von Hilfeleistungen.

Einige konkrete Beispiele von Grenzverletzungen:

  • Ein Ehemann verweigert seiner kranken Frau die Körperpflege und verhindert ihr den Kontakt zu Freundinnen.
  • Der demente Vater beschimpft seine Tochter regelmässig. Diese fügt ihm anschliessend bei der Pflege Schmerzen zu und droht ihm mit dem Altersheim.
  • Eine betreute Mutter droht, nichts mehr zu essen, wenn ihr Sohn fremde Personen zur Pflege beizieht.

Was können wir dagegen tun?
Um Grenzverletzungen vorzubeugen, müssen wir darüber reden. Sowohl betreuende als auch betreute Personen sollten ihre Situation regelmässig überdenken, das Gespräch mit ihrem Umfeld suchen und gegebenenfalls Veränderungen anstossen. Entlastung ist zentral, um Überforderung und Grenzverletzungen vorzubeugen. Nur durch gemeinsamen Einsatz lassen sich Misshandlungen nachhaltig reduzieren. Für eine Pflege mit Würde und Respekt.

Ist die Situation in Ihrer Familie belastend? Erleben Sie übergriffiges Verhalten? Überschreiten Sie selbst Grenzen? Suchen Sie Unterstützung. Verschiedene Fachstellen sind für Sie da, oft kostenlos und vertraulich. Der Selbsttest «Ich pflege zu Hause» ermöglicht Ihnen zudem eine Standortbestimmung und informiert über Stellen, die Ihnen weiterhelfen können. www.ichpflege.ch

Weitere Informationen und Beratungsstellen finden Sie auf der Webseite www.be.ch/limit sowie im Faltblatt «Betreuung und Pflege von Angehörigen». Das Faltblatt kann kostenlos bei der Berner Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt BIG bestellt werden: www.be.ch/big > Publikationen (https://www.big.sid.be.ch/de/start/publikationen/informationsmaterialien.html)

Fachpersonen können das Faltblatt einsetzen, um betreute und betreuende Angehörige möglichst früh sowohl für das Risiko von Grenzverletzungen als auch über Entlastungsangebote zu sensibilisieren.

Informationen

Datum
6. Mai 2025

Dokumente

Name
Faltblatt Betreuung Angehörige (PDF, 398.91 kB) Download 0 Faltblatt Betreuung Angehörige